Mittwoch, 6. Januar 2010

SEHNSUCHT NACH OSCAR

von
Leopold Friedrich Günther von Goeckingk

Der Himmel ist so trübe,
Es scheint nicht Mond noch Stern,
Und Oskar den ich liebe
(Ach! izt so fern, so fern)
Versprach mit Hand und Munde
Beim Aueinandergehn,
Gerad’ um diese Stunde
Zum Himmel aufzusehn.

O willst du nicht erscheinen,
Daß unsre Blicke sich
Auf dir, o Mond, vereinen,
der uns so oft beschlich,
Wenn Worte das nicht sagten,
Was Thränen kaum hinzu
Zu setzen, furchtsam wagten,
Die Niemand sah als du?

Wenn Liebe, nicht zu sprechen,
ja kaum zu seufzen wagt:
Ist sie denn ein Verbrechen,
Das vom Gewissen nagt?
So hab ich kein Gewissen,
So hab ich nur ein Herz!
Denn o nach tausend Küssen
Fühlt jenes keinen Schmerz.

Die Sehnsucht schleicht mit Schmerzen
Sich zwar zu mir heran;
Doch steckt nur eure Kerzen,
Orion, Hesper, an!
Dann fällt mit einem Male
Auf euch des Trauten Blick,
und o mit eurem Strale
Auch bald auf mich zurück!

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