Dienstag, 29. März 2011

OUT OF THE ROLLING OCEAN, THE CROWD

by
Walt Whitman

Out if the rolling ocean, the crowd, came a drop gently to me,
Whispering, I love you, before long I die,
I habe travel'd a long way, merely to look on you, to touch you,
For I could not die till I once look'd on you,
For I feared, I might afterwards lose you.

Now we have met, we have look'ed, we are sage;
Return in peace to the ocean, my Love;
I too am part of that ocean, my love --- we are not so much separated;
Behold the great rondure --- the cohesion of all, how perfect!
But as f0r me, for you, the irresitible Sea is to separate us,
As for an hour, carrying us divers --- yet cannot carry us divers for ever;
Be not impatient --- a little space --- Know you, I salut the air,the ocean and the land,
Every day, at sundown, for your dear sake, my Love.



Bildquelle: www. whitmanarchive.org










Freitag, 25. März 2011

APOLDA


von
Ilka Lohmann

Unbesungene Stadt.
Die Straßen ---
zu grau für Lieder.
Zu still, als daß Worte hallen könnten
von einem Ende bis zum Anfang.
Und dazwischen
nur Trübsal
zu allen Seiten.

Doch auch Zwielicht kann singen,
wenngleich nur von Tränen.

Erhebt euch,
singet das Grau!
Singt es
hinaus aus den Schatten.

Singt,
daß es Licht werde
und strahlt,
wohin auch immer
euer Blick sich wendet.

Singt,
damit die Schwalben
nicht nur vorüber fliegen
sondern sich niederlassen
auf den Dächern
und Nester bauen
neben unseren Fenstern.

Singt,
daß es Tag werde,
endlich
nach all diesem Staub.




Quelle:
Ilka Lohmann (2006) DER SEELE PFLASTERSTEINE, UND-Verlag, Stadtroda (S. 156f.)

Sonntag, 20. März 2011

ZU VIEL

von
Eduard Mörike

Der Himmel glänzt vom reinsten Frühlingslichte,
Ihm schwillt der Hügel sehnsuchtsvoll entgegen,
Die starre Welt zerfließt in Liebessegen,
Und schmiegt sich nun zum zärtlichsten Gedichte.

Im Dorfeshang, dort bei der luftgen Fichte
Ist meiner Liebsten kleines Haus gelegen ---
O Herz, was hilft dein Wiegen und dein Wägen,
Daß all der Wonnestreit in dir sich schlichte!

Du, Liebe, hilf den süßen Zauber lösen,
Womit natur in meinem Innern wühlet!
Und du, o Frühling, hilf die Liebe beugen!
Lisch aus, o Tag! Laß mich in Nacht genesen!
Indes ihr sanften Sterne göttlich kühlet,
Will ich zum Abgrund der Betrachtung steigen.

Montag, 14. März 2011

DIE BRÜCKE AM TAY


(28. Dezember 1879)

von Theodor Fontane


When shall we three meet again?
Macbeth

»Wann treffen wir drei wieder zusamm?«
»Um die siebente Stund', am Brückendamm.«
»Am Mittelpfeiler.«
»Ich lösche die Flamm.«
»Ich mit.«
»Ich komme vom Norden her.«
»Und ich vom Süden.«
»Und ich vom Meer.«
»Hei, das gibt einen Ringelreihn,
Und die Brücke muss in den Grund hinein.«
»Und der Zug, der in die Brücke tritt
Um die siebente Stund'?«
»Ei, der muss mit.«
»Muss mit.«
»Tand, Tand
Ist das Gebilde von Menschenhand.«

*

Auf der Norderseite, das Brückenhaus –
Alle Fenster sehen nach Süden aus,
Und die Brücknersleut' ohne Rast und Ruh
Und in Bangen sehen nach Süden zu,
Sehen und warten, ob nicht ein Licht
Übers Wasser hin »Ich komme« spricht,
»Ich komme, trotz Nacht und Sturmesflug,
Ich, der Edinburger Zug.«

Und der Brückner jetzt: »Ich seh' einen Schein
Am anderen Ufer. Das muss er sein.
Nun Mutter, weg mit dem bangen Traum,
Unser Johnie kommt und will seinen Baum,
Und was noch am Baume von Lichtern ist,
Zünd' alles an wie zum heiligen Christ,
Der will heuer zweimal mit uns sein, –
Und in elf Minuten ist er herein.«

*

Und es war der Zug. Am Süderturm
Keucht er vorbei jetzt gegen den Sturm,
Und Johnie spricht: »Die Brücke noch!
Aber was tut es, wir zwingen es doch.
Ein fester Kessel, ein doppelter Dampf,
Die bleiben Sieger in solchem Kampf,
Und wie's auch rast und ringt und rennt,
Wir kriegen es unter, das Element.«

»Und unser Stolz ist unsre Brück';
Ich lache, denk ich an früher zurück,
An all den Jammer und all die Not
Mit dem elend alten Schifferboot;
Wie manche liebe Christfestnacht
Hab' ich im Fährhaus zugebracht,
Und sah unsrer Fenster lichten Schein
Und zählte und konnte nicht drüben sein.«

Auf der Norderseite, das Brückenhaus –
Alle Fenster sehen nach Süden aus,
Und die Brücknersleut' ohne Rast und Ruh
Und in Bangen sehen nach Süden zu;
Denn wütender wurde der Winde Spiel,
Und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel',
Erglüht es in niederschießender Pracht
Überm Wasser unten ... Und wieder ist Nacht.

*

»Wann treffen wir drei wieder zusamm?«
»Um Mitternacht, am Bergeskamm.«
»Auf dem hohen Moor, am Erlenstamm.«

»Ich komme.«
»Ich mit.«
»Ich nenn' euch die Zahl.«
»Und ich die Namen.«
»Und ich die Qual.«
»Hei!
Wie Splitter brach das Gebälk entzwei.«
»Tand, Tand
Ist das Gebilde von Menschenhand.«






Anmerkung
:
Am 28. Dezember 1789 kam es während eines Orkans zu einem Unglück in Dundee, Schottland. Die Firth-of-Tay-Brücke, die als ein technisches Wunderwerk ihrer Zeit galt, brach unter dem Wüten des Sturmes zusammen, während ein voll besetzter Personenzug die Brücke überquerte. Der Zug wurde ins Meer gerissen, es gab keine Überlebenden.





Freitag, 4. März 2011

DER NEUGIERIGE

von
Wilhelm Müller

Ich frage keine Blume,
ich frage keinen Stern,
sie können mir alle nicht sagen,
was ich erführ' so gern.

Ich bin ja auch kein Gärtner,
die Sterne stehn zu hoch;
mein Bächlein will ich fragen,
ob mich mein Herz belog.

O Bächlein meiner Liebe,
wie bist da heut' so stumm!
Will ja nur eines wissen,
ein Wörtchen um und um.

Ja! heißt das eine Wörtchen,
das andre heißet Nein,
die beiden Wörtchen schließen
die ganze Weit mir ein.

O Bächlein meiner Liebe,
was bist du wunderlich!
Will's ja nicht weiter sagen,
sag', Bächlein, liebt sie mich?




Donnerstag, 3. März 2011

OHNE GEIGE


von
Christian Morgenstern



Ich möchte eine Geige haben,
so ganz für mich allein,
da spielt ich all meine Schmerzen
und all meine Lust hinein.

Denn ach, ihr lieben Leute,
hr wißt nicht, was geigen heißt,
ihr habt wohl fleißige Finger,
doch nicht den heiligen Geist.

Ich höre die Welten singen,
wenn er mein Haupt durchweht --
doch ach, ich hab hab keine Geige,
ich bin nur ein armer Poet.

Mittwoch, 2. März 2011

DIE GEBRATENE AMEISE



von
Paul Scheerbart


Bei den fleißigen Ameisen herrscht eine sonderbare Sitte: Die Ameise, die in acht Tagen an meisten gearbeitet hat, wird am neunten Tage feierlich gebraten und von den Ameisen ihres Stammes gemeinschaftlich verspeist.

Die Ameisen glauben, daß durch dieses Gericht der Arbeitsgeist der Fleißigsten auf die Essenden übergehe.

Und es ist für eine Ameise eine ganz außerordentliche Ehre, feierlich am neunten Tage gebraten und verspeist zu werden.

Aber trotzdem ist es einmal vorgekommen, daß eine der fleißigsten Ameisen kurz vorm Gebratenwerden noch folgende kleine Rede hielt:

"Meine lieben Brüder und Schwestern! Es ist mir ja ungemein angenehm, das Ihr mich so ehren wollt! Ich muß Euch aber gestehen, daß es mir noch angenehmer sein würde, wenn ich nicht die Fleißigste gewesen wäre. Man lebt doch nicht bloß, um sich totzuschuften!"

"Wozu denn?" schrien die Ameisen ihres Stammes — und sie schmissen die große Rednerin schnell in die Bratpfanne — sonst hätte dieses dumme Tier noch mehr geredet.



Quelle:

Paul Scheerbart (1986) Meine Tinte ist meine Tinte - Prosa aus Zeitschriften, Eulenspiegel Verlag, Berlin, (S. 93)